ST. SEVERIN

Pastorin Susanne Zingel, 1. Advent 2021

Predigttext Lukas 1, 26- 38

Und im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa, die heißt Nazareth, zu einer Jungfrau, die vertraut war einem Mann mit Namen Josef vom Hause David; und die Jungfrau hieß Maria. Und der Engel kam zu ihr hinein und sprach: Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir! Sie aber erschrak über die Rede und dachte: Welch ein Gruß ist das? Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben. Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben. Da sprach Maria zu dem Engel: Wie soll das zugehen, da ich doch von keinem Mann weiß? Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden. Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, ist auch schwanger mit einem Sohn, in ihrem Alter, und ist jetzt im sechsten Monat, von der man sagt, dass sie unfruchtbar sei. Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich. Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast. Und der Engel schied von ihr.

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da war, der da ist und der da kommt. Amen

Liebe Gemeinde,

im Garten meiner Großeltern gab es einen Baum, der hatte rote Äpfel und gelbe Äpfel und grüne Äpfel. Mein Großvater freute sich, wenn seine Enkelkinder davorstanden und über drei verschiedene Farben an einem Baum staunten. Später habe ich verstanden und gelernt, wie mein Großvater Bäume veredelte. Er sägte Äste an einem Apfelbaum ab und mit einem weißen Verband pfropfte er Zweige von einer anderen Baumsorte wieder an. Und dann schaute er, treibt er, blüht er und trägt er Früchte? Vielleicht haben Sie das auch schon einmal gesehen. Bäume werden veredelt. Mir ist das wieder eingefallen, weil ich nachgeschaut und gelernt habe: Es heißt „enphyteon“ – also von „Phytos“ die Pflanze und „en“ in und hinein. Enphyteon heißt also „Pflanze etwas hinein“ dann gib ihm Zeit zu wachsen und vielleicht wird daraus ein Wunderbaum. Dann freuen sich die Enkelkinder, Freunde und Nachbarn an dem, was dir gelungen ist. „Enphyteon“ einpflanzen. Dieses griechische Wort ist der Ursprung für das Wort „Impfen“. Denn das wollte ich einmal wissen. Wo kommt das Wort „Impfen“ eigentlich her“. Wir hören es überall. „Bist du einmal geimpft, bist du zweimal geimpft? Oder bist du schon geboostert?“ In unserem Sprachgebrauch ist das alles neu aufgetaucht. Aktuell wird die Frage an jedem Eingang gestellt.

Für uns ist es auch eine Chance, Dinge neu zu denken und uns in veränderten Zeiten allgemeiner Verunsicherung zu schauen, ob wir in diesem Advent auf neue Gedanken kommen. Zum Beispiel auf diesen: „Impfen“ heißt nicht etwas verhindern, sondern etwas zum Blühen zu bringen. Das ist doch spannend. Es wäre toll, wenn wir zu den Menschen gehören, zu einer christlichen Gemeinde, die weiß und versteht und eine Idee entwickelt, was das sein könnte. Es soll unter uns etwas aufblühen, und zwar vielfältig, rot oder gelb oder grün, das muss jeder sehen. Aber das Wort Gott möchte unter uns aufblühen und wachsen. Mich hat das Bild vom bunten Apfelbaum auf neue Ideen gebracht. Allgemeine Verunsicherung, dazu habe ich gedacht: Maria ist doch eine wunderbare Begleiterin in diesem Advent. Das Evangelium, was wir gerade gehört haben, ist eigentlich für den 4. Advent bestimmt. Aber ich habe es einfach einmal zu uns gleich am 1. Advent geholt. Denn womit geht die Geschichte los? Mit dem Engel Gabriel, mit seiner Ankündigung und der Verheißung. Es beginnt mit einem „Fürchte dich nicht!“, und Maria hat guten Grund, sich zu fürchten. Damals gab es keine Schließanlagen und keine Türen, die fest schlossen. Dass plötzlich jemand neben dir steht, war erschreckend. Das würde uns heute genauso ergehen, vielleicht sogar noch mehr, gerade weil wir Schließanlagen und abgeschlossene Haustüren haben. Und der Engel sagt zu Maria:“ Fürchte dich nicht! Du hast Gnade bei Gott gefunden, darum fürchte dich nicht.“ Maria ist eine Gestalt, die überhaupt nicht weiß, wie das alles weitergeht. Die nicht einmal weiß, wo das alles herkommt. ‚Der heilige Geist wird dich überschatten und die Kraft des Höchsten wird Wunder wirken‘. Damit gehen Sie mal zu Ihrer Nachbarin und erklären der, warum sie schwanger sind. Aber Maria fragt das alles gar nicht, und wenn wir schmunzeln, ist das auch gut.

Es ist einfach eine junge Frau, die ganz verunsichert trotz allem sagt: ‚Mir geschehe, wie du gesagt hast.‘ und sie geht los, Schritt für Schritt, und lässt sich tragen. Das ist eine schöne Stelle, das Adventslied zu hören: „Es kommt ein Schiff geladen.“ Wir singen nicht, wir hören einfach zu, wie es uns vorgespielt wird.

Es kommt ein Schiff geladen bis an sein höchsten Bord,

trägt Gottes Sohn voll Gnade des Vaters ewigs Wort.

Das Schiff geht schwer im Triebe, es trägt eine teure Last,

das Segel ist die Liebe der heilige Geist der Mast

Der Anker haft’ auf Erden, da ist das Schiff am Land.

Das Wort will Fleisch uns werden, der Sohn ist uns gesandt.

Das Lied ist für Maria. Sie kommt daher wie ein beladenes Schiff voll heiligem Geist. Da kann man auch schmunzeln, wenn man sich das vorstellt: Eine schwangere Frau, die gemächlich mit wiegenden Schritten daherkommt. Aber die Verbindung zu Maria ist, dass sie sich wie ein Schiff vom Wasser tragen lässt. Maria am Meer, dazu gibt es viele Marienbilder und Prozessionen hin zu Wallfahrtsorten am Meer. Maria am Meer, weil sie sich tragen lässt. Ich glaube, auch wir kommen so gern ans Meer und gehen am Ufer spazieren, weil wir mit all unseren Mühseligkeiten beladen, Schritt für Schritt, am Wasser und damit an einem Element entlanggehen, wo wir einfach getragen werden. Und das ist Glaube und das ist Vertrauen. Am Strand gehen wir erdenschwer, Schritt für Schritt, ganz nah an der Möglichkeit, sich tragen zu lassen. Und Maria kann beides: Voller Vertrauen lässt sie sich auf einen mühsamen Weg ein.

Als wir uns heute Morgen an der Kirchentür begrüßt haben, war zu hören, dass einige von Ihnen aus Süddeutschland kommen, und ein ‚Grüß Gott‘ war auch dabei. Eine sehr schöne Verbindung zu etwas, was ist gefunden haben. In Bayern gibt es den Brauch des Frauentragens. Am 1. Advent geht die Muttergottes auf Reisen. Sie wird feierlich am 1. Advent vom Altar heruntergeholt, wird gesegnet und dann geht sie am 1. Advent in ein erstes Haus. Die ganze Familie sitzt drum herum, so stellen wir es uns idealtypisch vor. Maria ist beim Adventsnachmittag dabei. Am nächsten Morgen geht sie mit einem Segengebet begleitet ins nächste Haus. So geht sie 21 Stationen, bis sie am 4. Advent, am Marienadvent, wieder in die Kirche zurückkehrt. Das ist Frauentragen. Ich finde das einen schönen Brauch. Ich musste an den Lebendigen Adventskalender denken. Jeden Abend geht man von Haus zu Haus und besucht seine Nachbarn, freut sich über offene Türen, eine Geschichte und einen Teepunsch. Das ist bei uns auf der Insel weitverbreitet und wird fast überall gerade abgesagt. Wir können auch nicht unsere Madonna vom Altar herunterholen und mal schauen, wer sie heute von Euch mit nach Hause nehmen möchte. Aber wir können uns vorstellen, dass sie herunterkommt, und Du kannst Dir überlegen, wo Du sie hinstellen würdest, wenn Du sie mit nach Hause nimmst. Und wie würde Dein Nachmittag aussehen, wenn sie ihn bei Dir verbringt, unsere wunderschöne Madonna?

Sie hat einiges zu tun mit der Geschichte vom Apfelbaum, denn früher hatte sie etwas in der Hand gehabt, etwas Zartes, eine Lilie oder ein Ros, entsprungen aus eine Wurzel zart. Diese Blume hatte sie in der Hand, jetzt ist sie irgendwo eingepflanzt, damit sie blüht. Wir können uns fragen, wo könnte sie bei Dir eine Blume, ein Wort von Glauben und Vertrauen einpflanzen? Bei der Vorstellung dürfen wir schmunzeln, so wie über den Schatten des Höchsten und Schiff, das beladen kommt. Mit einem Lächeln öffnen sich die Adventsbilder. Schauen wir auf das Kind in unserem Altar, das Maria auf dem Arm trägt, dann sehen wir von weitem, es hat etwas in der Hand. Die Weltkugel, den Reichsapfel oder den Apfel vom Baum des Lebens aus dem Paradies. Seht ihr das? Ja? Wenn Ihr aber genau hinschaut und dichter herangeht, dann könnt Ihr sehen, Jesus hat eine Birne in der Hand. Schmunzelnd hat der Bildhauer dem Kind eine Birne in die Hand gelegt. Und warum? Weil er uns zum Schmunzeln bringen will, auf neue Gedanken, Dinge andersherum zu denken und Ausschau zu halten.

Die Adventszeit ist die Zeit, wo wir uns vorbereiten, es ist ein Ros entsprungen, es wird ein Reis aufsprossen, es wird ein Königskind geboren und es will und wird bei Euch zu Hause geschehen. Noch ist es eine ganze Weile hin, bis hier in der Kirche und bei Euch zu Hause der Tannenbaum stehen wird. Dann könnt Ihr Euch mit jeder roten Tannenbaumkugel erinnern, dass sie für den Apfel vom Baum des Lebens im Paradies steht. Vielleicht waren die Äpfel aber auch grün im Paradies oder gelb. Wer weiß das schon: Lasst uns schauen, was Gott in unser Leben hineinpflanzen wird. Wir brauchen nur Grundvertrauen, Zeit und Gelassenheit, dass Gottes Wort durch seinen heiligen Geist in uns wächst und du kann sicher spüren, wenn das geschieht, denn dann behütet uns der Friede Gottes, höher als alle Vernunft mit allem, was wir sind, in Jesus Christus, unserm Herrn.  Amen

Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Severin
Pröstwai 20 • 25980 Sylt/Keitum
Telefon 04651/31713 • Fax 04651/35585 • kirchenbuero@st-severin.de

Pastorin Susanne Zingel, 1. Advent 2021

Predigttext Lukas 1, 26- 38

Und im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa, die heißt Nazareth, zu einer Jungfrau, die vertraut war einem Mann mit Namen Josef vom Hause David; und die Jungfrau hieß Maria. Und der Engel kam zu ihr hinein und sprach: Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir! Sie aber erschrak über die Rede und dachte: Welch ein Gruß ist das? Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben. Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben. Da sprach Maria zu dem Engel: Wie soll das zugehen, da ich doch von keinem Mann weiß? Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden. Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, ist auch schwanger mit einem Sohn, in ihrem Alter, und ist jetzt im sechsten Monat, von der man sagt, dass sie unfruchtbar sei. Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich. Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast. Und der Engel schied von ihr.

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da war, der da ist und der da kommt. Amen

Liebe Gemeinde,

im Garten meiner Großeltern gab es einen Baum, der hatte rote Äpfel und gelbe Äpfel und grüne Äpfel. Mein Großvater freute sich, wenn seine Enkelkinder davorstanden und über drei verschiedene Farben an einem Baum staunten. Später habe ich verstanden und gelernt, wie mein Großvater Bäume veredelte. Er sägte Äste an einem Apfelbaum ab und mit einem weißen Verband pfropfte er Zweige von einer anderen Baumsorte wieder an. Und dann schaute er, treibt er, blüht er und trägt er Früchte? Vielleicht haben Sie das auch schon einmal gesehen. Bäume werden veredelt. Mir ist das wieder eingefallen, weil ich nachgeschaut und gelernt habe: Es heißt „enphyteon“ – also von „Phytos“ die Pflanze und „en“ in und hinein. Enphyteon heißt also „Pflanze etwas hinein“ dann gib ihm Zeit zu wachsen und vielleicht wird daraus ein Wunderbaum. Dann freuen sich die Enkelkinder, Freunde und Nachbarn an dem, was dir gelungen ist. „Enphyteon“ einpflanzen. Dieses griechische Wort ist der Ursprung für das Wort „Impfen“. Denn das wollte ich einmal wissen. Wo kommt das Wort „Impfen“ eigentlich her“. Wir hören es überall. „Bist du einmal geimpft, bist du zweimal geimpft? Oder bist du schon geboostert?“ In unserem Sprachgebrauch ist das alles neu aufgetaucht. Aktuell wird die Frage an jedem Eingang gestellt.

Für uns ist es auch eine Chance, Dinge neu zu denken und uns in veränderten Zeiten allgemeiner Verunsicherung zu schauen, ob wir in diesem Advent auf neue Gedanken kommen. Zum Beispiel auf diesen: „Impfen“ heißt nicht etwas verhindern, sondern etwas zum Blühen zu bringen. Das ist doch spannend. Es wäre toll, wenn wir zu den Menschen gehören, zu einer christlichen Gemeinde, die weiß und versteht und eine Idee entwickelt, was das sein könnte. Es soll unter uns etwas aufblühen, und zwar vielfältig, rot oder gelb oder grün, das muss jeder sehen. Aber das Wort Gott möchte unter uns aufblühen und wachsen. Mich hat das Bild vom bunten Apfelbaum auf neue Ideen gebracht. Allgemeine Verunsicherung, dazu habe ich gedacht: Maria ist doch eine wunderbare Begleiterin in diesem Advent. Das Evangelium, was wir gerade gehört haben, ist eigentlich für den 4. Advent bestimmt. Aber ich habe es einfach einmal zu uns gleich am 1. Advent geholt. Denn womit geht die Geschichte los? Mit dem Engel Gabriel, mit seiner Ankündigung und der Verheißung. Es beginnt mit einem „Fürchte dich nicht!“, und Maria hat guten Grund, sich zu fürchten. Damals gab es keine Schließanlagen und keine Türen, die fest schlossen. Dass plötzlich jemand neben dir steht, war erschreckend. Das würde uns heute genauso ergehen, vielleicht sogar noch mehr, gerade weil wir Schließanlagen und abgeschlossene Haustüren haben. Und der Engel sagt zu Maria:“ Fürchte dich nicht! Du hast Gnade bei Gott gefunden, darum fürchte dich nicht.“ Maria ist eine Gestalt, die überhaupt nicht weiß, wie das alles weitergeht. Die nicht einmal weiß, wo das alles herkommt. ‚Der heilige Geist wird dich überschatten und die Kraft des Höchsten wird Wunder wirken‘. Damit gehen Sie mal zu Ihrer Nachbarin und erklären der, warum sie schwanger sind. Aber Maria fragt das alles gar nicht, und wenn wir schmunzeln, ist das auch gut.

Es ist einfach eine junge Frau, die ganz verunsichert trotz allem sagt: ‚Mir geschehe, wie du gesagt hast.‘ und sie geht los, Schritt für Schritt, und lässt sich tragen. Das ist eine schöne Stelle, das Adventslied zu hören: „Es kommt ein Schiff geladen.“ Wir singen nicht, wir hören einfach zu, wie es uns vorgespielt wird.

Es kommt ein Schiff geladen bis an sein höchsten Bord,

trägt Gottes Sohn voll Gnade des Vaters ewigs Wort.

Das Schiff geht schwer im Triebe, es trägt eine teure Last,

das Segel ist die Liebe der heilige Geist der Mast

Der Anker haft’ auf Erden, da ist das Schiff am Land.

Das Wort will Fleisch uns werden, der Sohn ist uns gesandt.

Das Lied ist für Maria. Sie kommt daher wie ein beladenes Schiff voll heiligem Geist. Da kann man auch schmunzeln, wenn man sich das vorstellt: Eine schwangere Frau, die gemächlich mit wiegenden Schritten daherkommt. Aber die Verbindung zu Maria ist, dass sie sich wie ein Schiff vom Wasser tragen lässt. Maria am Meer, dazu gibt es viele Marienbilder und Prozessionen hin zu Wallfahrtsorten am Meer. Maria am Meer, weil sie sich tragen lässt. Ich glaube, auch wir kommen so gern ans Meer und gehen am Ufer spazieren, weil wir mit all unseren Mühseligkeiten beladen, Schritt für Schritt, am Wasser und damit an einem Element entlanggehen, wo wir einfach getragen werden. Und das ist Glaube und das ist Vertrauen. Am Strand gehen wir erdenschwer, Schritt für Schritt, ganz nah an der Möglichkeit, sich tragen zu lassen. Und Maria kann beides: Voller Vertrauen lässt sie sich auf einen mühsamen Weg ein.

Als wir uns heute Morgen an der Kirchentür begrüßt haben, war zu hören, dass einige von Ihnen aus Süddeutschland kommen, und ein ‚Grüß Gott‘ war auch dabei. Eine sehr schöne Verbindung zu etwas, was ist gefunden haben. In Bayern gibt es den Brauch des Frauentragens. Am 1. Advent geht die Muttergottes auf Reisen. Sie wird feierlich am 1. Advent vom Altar heruntergeholt, wird gesegnet und dann geht sie am 1. Advent in ein erstes Haus. Die ganze Familie sitzt drum herum, so stellen wir es uns idealtypisch vor. Maria ist beim Adventsnachmittag dabei. Am nächsten Morgen geht sie mit einem Segengebet begleitet ins nächste Haus. So geht sie 21 Stationen, bis sie am 4. Advent, am Marienadvent, wieder in die Kirche zurückkehrt. Das ist Frauentragen. Ich finde das einen schönen Brauch. Ich musste an den Lebendigen Adventskalender denken. Jeden Abend geht man von Haus zu Haus und besucht seine Nachbarn, freut sich über offene Türen, eine Geschichte und einen Teepunsch. Das ist bei uns auf der Insel weitverbreitet und wird fast überall gerade abgesagt. Wir können auch nicht unsere Madonna vom Altar herunterholen und mal schauen, wer sie heute von Euch mit nach Hause nehmen möchte. Aber wir können uns vorstellen, dass sie herunterkommt, und Du kannst Dir überlegen, wo Du sie hinstellen würdest, wenn Du sie mit nach Hause nimmst. Und wie würde Dein Nachmittag aussehen, wenn sie ihn bei Dir verbringt, unsere wunderschöne Madonna?

Sie hat einiges zu tun mit der Geschichte vom Apfelbaum, denn früher hatte sie etwas in der Hand gehabt, etwas Zartes, eine Lilie oder ein Ros, entsprungen aus eine Wurzel zart. Diese Blume hatte sie in der Hand, jetzt ist sie irgendwo eingepflanzt, damit sie blüht. Wir können uns fragen, wo könnte sie bei Dir eine Blume, ein Wort von Glauben und Vertrauen einpflanzen? Bei der Vorstellung dürfen wir schmunzeln, so wie über den Schatten des Höchsten und Schiff, das beladen kommt. Mit einem Lächeln öffnen sich die Adventsbilder. Schauen wir auf das Kind in unserem Altar, das Maria auf dem Arm trägt, dann sehen wir von weitem, es hat etwas in der Hand. Die Weltkugel, den Reichsapfel oder den Apfel vom Baum des Lebens aus dem Paradies. Seht ihr das? Ja? Wenn Ihr aber genau hinschaut und dichter herangeht, dann könnt Ihr sehen, Jesus hat eine Birne in der Hand. Schmunzelnd hat der Bildhauer dem Kind eine Birne in die Hand gelegt. Und warum? Weil er uns zum Schmunzeln bringen will, auf neue Gedanken, Dinge andersherum zu denken und Ausschau zu halten.

Die Adventszeit ist die Zeit, wo wir uns vorbereiten, es ist ein Ros entsprungen, es wird ein Reis aufsprossen, es wird ein Königskind geboren und es will und wird bei Euch zu Hause geschehen. Noch ist es eine ganze Weile hin, bis hier in der Kirche und bei Euch zu Hause der Tannenbaum stehen wird. Dann könnt Ihr Euch mit jeder roten Tannenbaumkugel erinnern, dass sie für den Apfel vom Baum des Lebens im Paradies steht. Vielleicht waren die Äpfel aber auch grün im Paradies oder gelb. Wer weiß das schon: Lasst uns schauen, was Gott in unser Leben hineinpflanzen wird. Wir brauchen nur Grundvertrauen, Zeit und Gelassenheit, dass Gottes Wort durch seinen heiligen Geist in uns wächst und du kann sicher spüren, wenn das geschieht, denn dann behütet uns der Friede Gottes, höher als alle Vernunft mit allem, was wir sind, in Jesus Christus, unserm Herrn.  Amen

Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Severin
Pröstwai 20 • 25980 Sylt/Keitum
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