Pastor Jörg Reimann (Karfreitag)

Die Predigt war über Matthäus 26,36-56 und Johannes 19,16-30

Liebe Gemeinde! Mit einer Gemeindegruppe waren wir gerade in Palästina und Israel. Dort spürt man vieles aus der Bibel haut nah. Die Orte an denen Jesus gelebt und gepredigt hat, sprechen auch nach 2000 Jahren noch. Jesus weint auf dem Ölberg mit dem Blick auf Jerusalem über diese Stadt, von der so viel Gottesnähe, aber auch so viel Unfrieden, ausgeht. Damals wie heute.

Beim dem letzten gemeinsamen Mahl verabschiedet sich Jesus von seinen Jüngern, denn er ahnt, wie der Weg weitergehen wird. Und er ermuntert sie, so mit Brot und Wein auch dann zu feiern, wenn er nicht mehr bei Ihnen ist. Als Erinnerung an die gemeinsame Zeit. Und dann wird es sein, als ob er in Fleisch und Blut bei Ihnen ist. Danach gingen sie wieder zum Ölberg, zum Garten Gethsemane. Dort stehen noch einige Bäume, die uralt sind und Messungen haben ergeben, einige Bäume sind über 2000 Jahre alt. Jesus betet: „Abba, lieber Vater, alles ist dir möglich, nimm diesen von Kelch von mir; doch nicht was ich will, sondern was Du willst.“. Seine Jünger sind am Ende der Kräfte und schlafen ein während er betet. Da zeigt sich, dass Jesus dieses Gebet allein sprechen muss, wie wir es auch allein sprechen müssen, wenn wir in schwerer Situation stehen, unsere Beziehung zu Gott formulieren müssen. Jesus, spricht Gott mit „Abba, lieber Vater“ an, wie er uns gelehrt hat im Vater Unser es zu tun. Und weiß, dass bei Gott alles möglich ist. Er bittet, dass das Schwere an ihm vorübergehen möge. Und dann doch: „Aber nicht was ich will, sondern was Du willst geschehe.“ Auch das ist; wie im Vater Unser, die wohl schwerste Bitte: Dein Wille geschehe. „Abba, lieber Vater, alles ist dir möglich, nimm diesen von Kelch von mir doch nicht was ich will, sondern dein Wille geschehe.“

Und dann küsst Judas ihn; während die Tempelwachen hinter ihm stehen, als Zeichen, Jesus zu verhaften. Warum ein Kuss als Zeichen des Verrats? Ist Judas doch nicht nur ein herzloser geldgieriger Mensch. Mir ist viel näher die Vorstellung, dass Judas nun endlich wissen will, was mit Jesus ist. Als die Hohepriester noch hinter verschlossenen Türen beratschlagt hatten, wie sie Jesus ohne großes Aufsehen festnehmen könnten; war Judas zu ihnen gegangen und sagte: „Ich will ihn euch verraten. Ich will euch dahin führen wo er sich aufhält. In der Nacht so dass ihr ihn ohne Aufruhr ergreifen könnt.“ Die Männer springen auf: „Gute Idee, das ist die Lösung, auf die wir gewartet haben“ und drücken Judas einen Beutel Geld in die Hand, gar nicht viel, sie hätten auch mehr gegeben, aber er verlangte es nicht. Es ging offenbar nicht ums Geld. Judas sah die Menschen arm und krank und unterdrückt von den Römern, er sah Unheil und Ungerechtigkeit. Das wollte er ändern. Er wusste, dass auch Jesus die Menschen liebte. Und nun erwartet er von Jesus, dass er sich erweist. Dass er handelt. Das Reich Gottes aufrichtet. Die Strukturen der Welt verändert. Oder ist alles leeres Gerede gewesen. Das will Judas jetzt endlich wissen. Der triumphale Einzug Jesu in Jerusalem bestärkt ihn in seinen Erwartungen. Doch ihm schwant, dass Jesus ein solches Reich nicht erreichten will, dass sein Reich nicht von dieser Welt ist. Judas will nun Klarheit. Eigentlich ist die Sympathie für Jesus nicht zu Ende. Dazu passt dann auch der Kuss. Aber Judas kann sich nicht vorstellen, dass Jesus widerstandslos aufgibt, sich gefangen nehmen lässt und verurteilen lässt. Am Ende werden ihm doch Legionen von Engeln zu Hilfe kommen. Jesus wird sie zur Hilfe rufen, er muss am Ende doch zur Tat schreiten, Judas will das erzwingen.

Dann wird Jesus verhaftet und verhört. Unruhestifter. Gotteslästerer. Du der König der Juden? Mit einer Dornenkrone verspottet. Er muss sogar den Kreuzesbalken selber nach Golgatha tragen. Die Via Dolorosa entlang, man kann jeden Freitag die Stationen nachgehen im, Gewirr der Stadt zwischen Bibelwort und dem Rufen des Muezzins und dem Treiben des Marktes im arabischen Viertel der Stadt. Das pulsierende Leben. Jesu Weg nur am Rande wichtig, vielleicht damals nicht anders.

Wie das nun läuft, empfindet Judas das dann doch als Verrat, wenn es andersgekommen wäre, dann wäre er derjenige gewesen, der Jesus zu seinem letzten großen Wunder verholfen hätte. DAS HAT ER JA AUCH, aber anders, als Judas sich das vorgestellt hatte. Und zwar ganz anders. Und Judas kann das nicht ertragen, für ihn musste das den Eindruck erwecken, er habe sich wohl geirrt. Nun wird Jesus umgebracht, das kann Judas nicht ertragen und nimmt sich das Leben. Leider, denn er hat ja irgendwie Jesus auf dem Weg geholfen, war ein Teil. Nur auf diese Weise am Kreuz gestorben, wirklich tot, konnte der Weg weitergehen und Gott zeigen, was er mit Jesus zeigen will. Nur so. Und dazu ist Judas nötig. Aber das ist schwer zu ertragen. Für Judas gar nicht zu ertragen. Das ist schwer zu ertragen, wenn man Werkzeug Gottes zum Bösen ist oder es zum Traurigen führt.

Da ist die Frage dann auch: Warum? Warum ich. Warum muss ich zum Werkzeug werden auf so böse Art und Weise? So schlimm? Warum muss ICH das werden. Gott was willst du mir damit sagen? Gott was soll das. Ich will nicht mehr. Ich kann nicht mehr, ich kann das nicht. Alle zeigen mit dem Finger auf mich und ich wollte nichts Böses. Und dann weiterzuleben ist schwer, die Geduld zu haben, abzuwarten, was daraus werden kann. Oh Gott hilf. Judas, Du dramatische Figur im Spiel, warum hast Du nicht die Geduld, abzuwarten, ist das Leid denn wirklich so, so schwer? Ja, das Leid ist so schwer. „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen.“ So betet Jesus mit den Worten des 22 Psalm am Kreuz. Ans Kreuz geschlagen zu werden, ohne sich zu wehren, heißt das Leid anzunehmen. Vielleicht hätte Jesus es anders gekonnt, aber er wusste, dass der Weg nur durch das Leid ging und nicht drum herum. Nur durch das Leid konnte neues Leben entstehen.

Und sie, die am Kreuz stehen, Johannes, Maria, die Mutter Jesu und die anderen Maria, haben bis zuletzt gehofft. Nun ist er doch tot. Im selben Moment reißt der Vorhang im Tempel entzwei von oben nach unten. So wie eine Uhr einfach stehen bleibt, wenn jemand stirbt. Die Erde bebt, die Sonne verfinstert sich. Für jemand der den Tod nahe erlebt ist das so. Alles verdunkelt sich. Und es ist als ob unter einem die Erde sich bewegt, man nicht mehr fest auf dem Boden steht. Das ist wie ein Erdbeben. Seine Mutter, sie hatte doch diese Worte in ihrem Herzen bewahrt. Von diesem besonderen Kind, schon bei der Geburt war ihr das prophezeit worden. Und Maria bewegte alle diese Worte in ihrem Herzen, seitdem. Und vielleicht hat sie bei der Bar Mitzwa Feier Jesu, als der als 12-jähriger im Tempel lesen durfte, dann nicht wieder mit ihnen nach Hause gezogen ist daran gedacht. Als sie mit Joseph zurückging Jesus zu suchen, sagt er ihnen nur: „Wisst ihr nicht, dass ich im Hause meines Vaters bin?“ Gott wenn es dich gibt, sagen die Frauen unter dem Kreuz, dann hilf jetzt. Sicher könnte Gott jetzt helfen, aber der Plan war ein anderer, das hätte keiner gedacht.

Dazwischen leben wir: Lieber Gott, lass diesen Kelch an mir vorübergehen und DEIN WILLE GESCHEHE. Dazwischen leben wir. Und müssen unseren Weg finden, wenn wir vor dem Abgrund stehen. Und darüber nachdenken, was hält mich davon ab, den einen Schritt vorwärts zu gehen während alles bebt. Das Leben, die Menschen die um mich sind. Wenn Gottes Plan mich hätte auch treffen sollen, dann wäre es längst geschehen. Judas hat den Schritt nach vorne getan und konnte dann nicht mehr miterleben, wozu das alles geworden ist. Und ohne Vertrauen auf Gott ist der Tod, für die, die zurückbleiben nicht zu ertragen. Wir wissen, dass am Kreuz nicht alles zu Ende ist. Dieser eine Tod Jesu endet in der Auferstehung, das wissen wir, aber nur wer darauf vertraut, kann daraus Kraft und Mut bekommen. Diese eine Auferstehung macht Mut, dass nicht alles mit dem Tod zu Ende ist.

Das Kreuz ist ohne Auferstehung nicht zu ertragen. Und wir können es auch nicht ohne Auferstehung denken, denn wir wissen wie es weitergegangen ist, was Judas nicht mehr miterlebt hat. Wenige hundert, die mit Jesus mitgegangen waren und seine Worte gehört haben, werden nach dem Tod in kurzer Zeit zu tausenden Anhänger, obwohl an Leib und Leben bedroht. Sie haben keine Angst, sie haben etwas erlebt, was ohne jedes Vorbilds war. Manche sagen, der Jesu wurde nur mit einem Opiat betäubt, es sah nur so aus, als ob er tot war und dann wurde er wieder lebendig. Oder der Leichnam wurde gestohlen und versteckt. Dafür hätten sicher die römischen Wachen und die Tempelwachen gesorgt. Es war ja angekündigt, dass er am dritten Tage auferstehen würde. Alle Geschichten werde nur noch unglaubwürdiger als wenn man die Auferstehung annimmt. So unwahrscheinlich das mit der Auferstehung zuerst klingt, ist es die wahrscheinlichste Antwort auf das leere Grab, alle anderen Erklärungsversuche sind noch unwahrscheinlicher. Wenn alles nur eingefädelt worden wäre, hätte man sicher keine Frauen als Zeugen hingeschickt, sie durften damals nicht mal vor Gericht aussagen. Dann hätten sie Petrus und Johannes geschickt.

Die Auferstehung bleibt rätselhaft und das kann auch gar nicht anders sein. Vom Ergebnis her, ist sie der Beweis, dass mit dem Tod nicht alles aus und vorbei ist. Wenn das für EINEN Menschen gilt, gilt das für ALLE Menschen. Und die Jünger erleben das sofort auch an sich. Gerade noch waren sie vom Tode bedrohte Außenseiter. Kurze Zeit später sind sie es, die mit vielen anderen, die neue Kräfte haben, die ganz anders ihr Leben angehen, die andere überzeugen mitzumachen, die ihr altes Leben gänzlich zurücklassen und neu anfangen. Völlig übersinnlich. Völlig unwahrscheinlich. Nicht zu fassen. Nicht zu erklären. Nicht zu glauben. Nur zu erleben.

So kann das WARUM zu einem WOZU werden. „DEIN WILLE GESCHEHE: Gib mir Antwort Gott. Die wollte Jesus auch. Und natürlich, wenn es sein kann, bei Dir ist nichts unmöglich, Gott lasse diesen Kelch an mir vorübergehen. Bitte. Und wenn nicht, dann lass mich nicht den Glauben verlieren. Dann halte mich spürbar. Dann zeige mir wo der nächste Schritt weitergeht, weg vom Abgrund. Dann zeige mir Gott, was du willst. Dann zeige mir Gott, das Licht, die Auferstehung, die neue Kraft. Dann zeige mir Gott, was ich tun soll und wann. Dann zeige mir, die, die mich begleiten können. Dann zeige mir mit neuen Ideen, dass das alte vergangen ist und das es nicht nur schlimm ist. Dann zeige mir wie ich aufstehen kann. Und wie die, die auch betroffen sind aufstehen können. Dann Gott lass dich in der Tiefe finden und in der Höhe. Dann lass mich Dich nicht nur im Licht finden sondern auch in der Dunkelheit.“ AMEN

Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Severin
Pröstwai 20 • 25980 Sylt/Keitum
Telefon 04651/31713 • Fax 04651/35585 • kirchenbuero@st-severin.de

Pastor Jörg Reimann (Karfreitag)

Die Predigt war über Matthäus 26,36-56 und Johannes 19,16-30

Liebe Gemeinde! Mit einer Gemeindegruppe waren wir gerade in Palästina und Israel. Dort spürt man vieles aus der Bibel haut nah. Die Orte an denen Jesus gelebt und gepredigt hat, sprechen auch nach 2000 Jahren noch. Jesus weint auf dem Ölberg mit dem Blick auf Jerusalem über diese Stadt, von der so viel Gottesnähe, aber auch so viel Unfrieden, ausgeht. Damals wie heute.

Beim dem letzten gemeinsamen Mahl verabschiedet sich Jesus von seinen Jüngern, denn er ahnt, wie der Weg weitergehen wird. Und er ermuntert sie, so mit Brot und Wein auch dann zu feiern, wenn er nicht mehr bei Ihnen ist. Als Erinnerung an die gemeinsame Zeit. Und dann wird es sein, als ob er in Fleisch und Blut bei Ihnen ist. Danach gingen sie wieder zum Ölberg, zum Garten Gethsemane. Dort stehen noch einige Bäume, die uralt sind und Messungen haben ergeben, einige Bäume sind über 2000 Jahre alt. Jesus betet: „Abba, lieber Vater, alles ist dir möglich, nimm diesen von Kelch von mir; doch nicht was ich will, sondern was Du willst.“. Seine Jünger sind am Ende der Kräfte und schlafen ein während er betet. Da zeigt sich, dass Jesus dieses Gebet allein sprechen muss, wie wir es auch allein sprechen müssen, wenn wir in schwerer Situation stehen, unsere Beziehung zu Gott formulieren müssen. Jesus, spricht Gott mit „Abba, lieber Vater“ an, wie er uns gelehrt hat im Vater Unser es zu tun. Und weiß, dass bei Gott alles möglich ist. Er bittet, dass das Schwere an ihm vorübergehen möge. Und dann doch: „Aber nicht was ich will, sondern was Du willst geschehe.“ Auch das ist; wie im Vater Unser, die wohl schwerste Bitte: Dein Wille geschehe. „Abba, lieber Vater, alles ist dir möglich, nimm diesen von Kelch von mir doch nicht was ich will, sondern dein Wille geschehe.“

Und dann küsst Judas ihn; während die Tempelwachen hinter ihm stehen, als Zeichen, Jesus zu verhaften. Warum ein Kuss als Zeichen des Verrats? Ist Judas doch nicht nur ein herzloser geldgieriger Mensch. Mir ist viel näher die Vorstellung, dass Judas nun endlich wissen will, was mit Jesus ist. Als die Hohepriester noch hinter verschlossenen Türen beratschlagt hatten, wie sie Jesus ohne großes Aufsehen festnehmen könnten; war Judas zu ihnen gegangen und sagte: „Ich will ihn euch verraten. Ich will euch dahin führen wo er sich aufhält. In der Nacht so dass ihr ihn ohne Aufruhr ergreifen könnt.“ Die Männer springen auf: „Gute Idee, das ist die Lösung, auf die wir gewartet haben“ und drücken Judas einen Beutel Geld in die Hand, gar nicht viel, sie hätten auch mehr gegeben, aber er verlangte es nicht. Es ging offenbar nicht ums Geld. Judas sah die Menschen arm und krank und unterdrückt von den Römern, er sah Unheil und Ungerechtigkeit. Das wollte er ändern. Er wusste, dass auch Jesus die Menschen liebte. Und nun erwartet er von Jesus, dass er sich erweist. Dass er handelt. Das Reich Gottes aufrichtet. Die Strukturen der Welt verändert. Oder ist alles leeres Gerede gewesen. Das will Judas jetzt endlich wissen. Der triumphale Einzug Jesu in Jerusalem bestärkt ihn in seinen Erwartungen. Doch ihm schwant, dass Jesus ein solches Reich nicht erreichten will, dass sein Reich nicht von dieser Welt ist. Judas will nun Klarheit. Eigentlich ist die Sympathie für Jesus nicht zu Ende. Dazu passt dann auch der Kuss. Aber Judas kann sich nicht vorstellen, dass Jesus widerstandslos aufgibt, sich gefangen nehmen lässt und verurteilen lässt. Am Ende werden ihm doch Legionen von Engeln zu Hilfe kommen. Jesus wird sie zur Hilfe rufen, er muss am Ende doch zur Tat schreiten, Judas will das erzwingen.

Dann wird Jesus verhaftet und verhört. Unruhestifter. Gotteslästerer. Du der König der Juden? Mit einer Dornenkrone verspottet. Er muss sogar den Kreuzesbalken selber nach Golgatha tragen. Die Via Dolorosa entlang, man kann jeden Freitag die Stationen nachgehen im, Gewirr der Stadt zwischen Bibelwort und dem Rufen des Muezzins und dem Treiben des Marktes im arabischen Viertel der Stadt. Das pulsierende Leben. Jesu Weg nur am Rande wichtig, vielleicht damals nicht anders.

Wie das nun läuft, empfindet Judas das dann doch als Verrat, wenn es andersgekommen wäre, dann wäre er derjenige gewesen, der Jesus zu seinem letzten großen Wunder verholfen hätte. DAS HAT ER JA AUCH, aber anders, als Judas sich das vorgestellt hatte. Und zwar ganz anders. Und Judas kann das nicht ertragen, für ihn musste das den Eindruck erwecken, er habe sich wohl geirrt. Nun wird Jesus umgebracht, das kann Judas nicht ertragen und nimmt sich das Leben. Leider, denn er hat ja irgendwie Jesus auf dem Weg geholfen, war ein Teil. Nur auf diese Weise am Kreuz gestorben, wirklich tot, konnte der Weg weitergehen und Gott zeigen, was er mit Jesus zeigen will. Nur so. Und dazu ist Judas nötig. Aber das ist schwer zu ertragen. Für Judas gar nicht zu ertragen. Das ist schwer zu ertragen, wenn man Werkzeug Gottes zum Bösen ist oder es zum Traurigen führt.

Da ist die Frage dann auch: Warum? Warum ich. Warum muss ich zum Werkzeug werden auf so böse Art und Weise? So schlimm? Warum muss ICH das werden. Gott was willst du mir damit sagen? Gott was soll das. Ich will nicht mehr. Ich kann nicht mehr, ich kann das nicht. Alle zeigen mit dem Finger auf mich und ich wollte nichts Böses. Und dann weiterzuleben ist schwer, die Geduld zu haben, abzuwarten, was daraus werden kann. Oh Gott hilf. Judas, Du dramatische Figur im Spiel, warum hast Du nicht die Geduld, abzuwarten, ist das Leid denn wirklich so, so schwer? Ja, das Leid ist so schwer. „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen.“ So betet Jesus mit den Worten des 22 Psalm am Kreuz. Ans Kreuz geschlagen zu werden, ohne sich zu wehren, heißt das Leid anzunehmen. Vielleicht hätte Jesus es anders gekonnt, aber er wusste, dass der Weg nur durch das Leid ging und nicht drum herum. Nur durch das Leid konnte neues Leben entstehen.

Und sie, die am Kreuz stehen, Johannes, Maria, die Mutter Jesu und die anderen Maria, haben bis zuletzt gehofft. Nun ist er doch tot. Im selben Moment reißt der Vorhang im Tempel entzwei von oben nach unten. So wie eine Uhr einfach stehen bleibt, wenn jemand stirbt. Die Erde bebt, die Sonne verfinstert sich. Für jemand der den Tod nahe erlebt ist das so. Alles verdunkelt sich. Und es ist als ob unter einem die Erde sich bewegt, man nicht mehr fest auf dem Boden steht. Das ist wie ein Erdbeben. Seine Mutter, sie hatte doch diese Worte in ihrem Herzen bewahrt. Von diesem besonderen Kind, schon bei der Geburt war ihr das prophezeit worden. Und Maria bewegte alle diese Worte in ihrem Herzen, seitdem. Und vielleicht hat sie bei der Bar Mitzwa Feier Jesu, als der als 12-jähriger im Tempel lesen durfte, dann nicht wieder mit ihnen nach Hause gezogen ist daran gedacht. Als sie mit Joseph zurückging Jesus zu suchen, sagt er ihnen nur: „Wisst ihr nicht, dass ich im Hause meines Vaters bin?“ Gott wenn es dich gibt, sagen die Frauen unter dem Kreuz, dann hilf jetzt. Sicher könnte Gott jetzt helfen, aber der Plan war ein anderer, das hätte keiner gedacht.

Dazwischen leben wir: Lieber Gott, lass diesen Kelch an mir vorübergehen und DEIN WILLE GESCHEHE. Dazwischen leben wir. Und müssen unseren Weg finden, wenn wir vor dem Abgrund stehen. Und darüber nachdenken, was hält mich davon ab, den einen Schritt vorwärts zu gehen während alles bebt. Das Leben, die Menschen die um mich sind. Wenn Gottes Plan mich hätte auch treffen sollen, dann wäre es längst geschehen. Judas hat den Schritt nach vorne getan und konnte dann nicht mehr miterleben, wozu das alles geworden ist. Und ohne Vertrauen auf Gott ist der Tod, für die, die zurückbleiben nicht zu ertragen. Wir wissen, dass am Kreuz nicht alles zu Ende ist. Dieser eine Tod Jesu endet in der Auferstehung, das wissen wir, aber nur wer darauf vertraut, kann daraus Kraft und Mut bekommen. Diese eine Auferstehung macht Mut, dass nicht alles mit dem Tod zu Ende ist.

Das Kreuz ist ohne Auferstehung nicht zu ertragen. Und wir können es auch nicht ohne Auferstehung denken, denn wir wissen wie es weitergegangen ist, was Judas nicht mehr miterlebt hat. Wenige hundert, die mit Jesus mitgegangen waren und seine Worte gehört haben, werden nach dem Tod in kurzer Zeit zu tausenden Anhänger, obwohl an Leib und Leben bedroht. Sie haben keine Angst, sie haben etwas erlebt, was ohne jedes Vorbilds war. Manche sagen, der Jesu wurde nur mit einem Opiat betäubt, es sah nur so aus, als ob er tot war und dann wurde er wieder lebendig. Oder der Leichnam wurde gestohlen und versteckt. Dafür hätten sicher die römischen Wachen und die Tempelwachen gesorgt. Es war ja angekündigt, dass er am dritten Tage auferstehen würde. Alle Geschichten werde nur noch unglaubwürdiger als wenn man die Auferstehung annimmt. So unwahrscheinlich das mit der Auferstehung zuerst klingt, ist es die wahrscheinlichste Antwort auf das leere Grab, alle anderen Erklärungsversuche sind noch unwahrscheinlicher. Wenn alles nur eingefädelt worden wäre, hätte man sicher keine Frauen als Zeugen hingeschickt, sie durften damals nicht mal vor Gericht aussagen. Dann hätten sie Petrus und Johannes geschickt.

Die Auferstehung bleibt rätselhaft und das kann auch gar nicht anders sein. Vom Ergebnis her, ist sie der Beweis, dass mit dem Tod nicht alles aus und vorbei ist. Wenn das für EINEN Menschen gilt, gilt das für ALLE Menschen. Und die Jünger erleben das sofort auch an sich. Gerade noch waren sie vom Tode bedrohte Außenseiter. Kurze Zeit später sind sie es, die mit vielen anderen, die neue Kräfte haben, die ganz anders ihr Leben angehen, die andere überzeugen mitzumachen, die ihr altes Leben gänzlich zurücklassen und neu anfangen. Völlig übersinnlich. Völlig unwahrscheinlich. Nicht zu fassen. Nicht zu erklären. Nicht zu glauben. Nur zu erleben.

So kann das WARUM zu einem WOZU werden. „DEIN WILLE GESCHEHE: Gib mir Antwort Gott. Die wollte Jesus auch. Und natürlich, wenn es sein kann, bei Dir ist nichts unmöglich, Gott lasse diesen Kelch an mir vorübergehen. Bitte. Und wenn nicht, dann lass mich nicht den Glauben verlieren. Dann halte mich spürbar. Dann zeige mir wo der nächste Schritt weitergeht, weg vom Abgrund. Dann zeige mir Gott, was du willst. Dann zeige mir Gott, das Licht, die Auferstehung, die neue Kraft. Dann zeige mir Gott, was ich tun soll und wann. Dann zeige mir, die, die mich begleiten können. Dann zeige mir mit neuen Ideen, dass das alte vergangen ist und das es nicht nur schlimm ist. Dann zeige mir wie ich aufstehen kann. Und wie die, die auch betroffen sind aufstehen können. Dann Gott lass dich in der Tiefe finden und in der Höhe. Dann lass mich Dich nicht nur im Licht finden sondern auch in der Dunkelheit.“ AMEN

Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Severin
Pröstwai 20 • 25980 Sylt/Keitum
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