Die St. Severin-Kirche steht auf einer Anhöhe, wo schon in früherer Zeit germanische Götter verehrt wurden. Der Legende nach soll der Dänenkönig Knut der Große (ca. 995-1035) Geld und Steine zum Bau einer Kirche in Keitum gegeben haben. Wikingerrunen im Holz des Dachstuhls weisen auf eine sehr alte Entstehungsgeschichte hin. Die erste sichere urkundliche Erwähnung der Kirche stammt aus dem Jahr 1240.
Beim Gang um die Kirche erkennt man den Sockel aus schweren Granitquadern. Das rheinisches Tuffgestein und die Backsteine, aus denen Kirchenschiff, Chorraum und Apsis erbaut sind, werden von weißen Farbschichten überdeckt. Romanische Stil-Elemente sind an dem Ostfenster der Apsis und den gemauerten Rundbögen über den Eingängen zu erkennen. Der Anbau an der Südseite stammt aus dem Spätmittelalter und wird seit 1979 als Sakristei genutzt. Das Kirchendach ist mit schwerem Blei gedeckt und hat jahrhundertelang allen Stürmen widerstanden.
“De grote Mandränke“ von 1362 – die große Sturmflut des Mittelalters – entvölkerten die Insel, die Kirche verwaiste. Aus dem Erzbistum Köln machten sich Missionare auf den Weg nach Nordfriesland und gewannen die Sylter wieder für den christlichen Glauben. Der Kölner Bischof Severin aus dem 4. Jahrhundert wurde der Namenspatron, seit 1544 ist St. Severin evangelisch-lutherisch.
Der Kirchturm wurde später errichtet und ist das einzige backsteingotische Bauwerk der Insel Sylt. Der Glockenturm war in früheren Zeiten wichtige Landmarke der Seefahrer, Zufluchtsort bei Gefahr und bis 1803 das Gefängnis. Zwei an der Westseite vermauerte Teile eines gespaltenen Findlings werden zum Gedenken an die Stifterinnen „Ing und Dung“ genannt. Als 1739 ein Läuteknabe von einer Glocke erschlagen wurde, hat man Turmraum zugemauert. Erst 1981 wurde der Raum wieder zum Kirchenschiff hin geöffnet, bis dahin war der Eingang durch eine der Seitentüren.
In der Glockenstube hängen die alte gis’-Glocke (700 Kg) mit der Inschrift „Tote beklage ich, Lebende mahne ich, Gott, den Herrn, lobe ich“, die große fis’-Glocke (841Kg) mit dem Ruf „Gott, der Herr, ist Sonne und Schild“ und die kleine h’-Glocke (381 Kg) aus dem Jahr 1966.
Im Turmraum steht ein moderner Kerzentisch, darüber der Kerzenengel des Künstlers Ulrich Lindow. Auf drei großen Tafeln sind die Namen aller Pastorinnen und Pastoren verzeichnet, die seit der Reformation an St. Severin gepredigt haben. Die Plastik „Totengedenken“ stammt von Ernest Igl, das Kreuz aus Treibholz über dem Eingang von Anatol Herzfeld. Das Schiffsmodell im Eingang zum Kirchenschiff stiftete der 1844 Keitumer Kapitän Peter Thies Petersen.
Rechts unter der Orgelempore steht der sogenannte „Müllerstuhl“. Was wie ein Beichtstuhl anmutet, ist die ehemalige Loge eines wohlhabenden Müllers aus Munkmarsch. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts befanden sich mehrere solcher privaten Logen im Altarraum von St. Severin.
Unter der Seitenempore zeigt ein Relief den Keitumer Uwe Jens Lornsen, der 1830 den Entwurf zu einer Verfassung für „Schleswigholstein“ schrieb und dafür als Freiheitskämpfer ins Gefängnis ging. Weiter vorne hängen die Barockgemälde „Kreuzabnahme“ und „Grablegung“, sowie ein Votivbild von 1654, das die Stifter knieend unter dem Kreuz, mit Sanduhren als Zeichen der Vergänglichkeit, darstellt.
Im Kirchenschiff hängen drei Kronleuchter aus dem 17. Jahrhundert. Sie wurden in den Niederlanden gefertigt und sind Stiftungen Sylter Kapitäne. Mit Maria und dem germanischen Gott Thor kommen christliche und mythologische Motive ganz selbstverständlich gemeinsam vor.
Die Deckenbemalung im Chorraum und Kirchenschiff wurde 1913 von Franz Korwan (*1865, ermordet 1942 im KZ Noé/Pyrenäen) geschaffen und zeigt Sternbilder und Symbole des Lebens der Menschen an der Küste, der Grenze zwischen Land und Meer.
Der Schnitzaltar, ein Werk der niederdeutschen Spätgotik aus der Zeit um 1480, stammt aus dem Werkstattbetrieb des sogenannten „Imperialissima-Meisters“. Vergleichbare Altäre finden sich in im nordfriesischen Aventoft und im dänischen Hald und Ravstedt. Das Zentralbild zeigt Gottvater auf dem Gnadenstuhl mit dem auferstandenen Christus. Ihm zur Seite stehen Maria mit dem Jesuskind und Bischof Severin. In den Seitenflügeln rechts und links sind die zwölf Apostel dargestellt. Wird der Altar in der Passionszeit geschlossen, sieht man auf den Innenflügeln berührende Malereien der Leidensgeschichte Jesu. Das Abendmahlsbild in der Predella schuf ein unbekannter einheimischer Maler.
Der Taufstein ist um 1230 aus Bentheimer Sandstein gefertigt worden und somit das älteste Stück in der Kirche. Der Messingeinsatz wurde 1675 eingefügt, ein hölzerner Deckel mit einer Darstellung der Taufe Jesu hängt über dem Taufstein an der Wand.
Im Rundbogen der Eichentür zur Sakristei sind alle Baumaterialien der Kirche (Tuffstein, Granit und Backstein) sichtbar. Die Skulptur des heiligen Antonius ist die Stiftung einer Sylter Familie.
Die Renaissancekanzel von 1580 stammt ursprünglich aus der Schlosskirche im dänischen Mögeltondern und wurde der Kirche vom Pastorenehepaar Cruppius im Jahr 1699 geschenkt. Die Tafelbilder zeigen Adelswappen und die christlichen Tugenden: fides (Glaube), temperantia (Mäßigung) und justitia (Gerechtigkeit). Die Gestalt der Justitia trägt statt einer Augenbinde und Waage ein blutendes Herz, das Zeichen der Liebe. Im Schalldeckel sind die vier Symbole der Evangelisten dargestellt: Der Adler für Johannes, der Stier für Lukas, der Löwe für Markus und der Engel für Matthäus. Das Kanzelkreuz schuf der Schweizer Künstler Ernest Igl (1920-2001).
Die Mühleisen-Orgel aus dem Jahr 1999 gehört mit ihren 3145 Pfeifen in 46 Registern zu den wohl klangschönsten Instrumenten im Norden. Eingekleidet ist das Instrument in ein farbiges Orgelprospekt von Ulrich Lindow, der mit dieser Arbeit die ineinander wachsenden Bäume des Lebens und der Erkenntnis dargestellt hat. Das Portrait des Organisten, Lehrers und Chronisten Christian Peter Hansen (1803-1879) neben der Orgel schuf der Sylter Maler Andreas Dirks Anfang des 20. Jahrhunderts.
Umfassenden Sanierungen des Turms (2009), des Dachstuhls und des Innenraums (2017/18) sichern den Erhalt des Gebäudes, St. Severin trägt seit 2016 den Titel „Kulturdenkmal des Landes Schleswig-Holstein“.
Einen bebilderten Kirchen- und Friedhofsführer erhalten Sie gegen eine Spende von €2,- im Turm von St. Severin. Gern schicken wir Ihnen ein Exemplar zu (zuzüglich €2,- für den Versand).
Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Severin
Pröstwai 20 • 25980 Sylt/Keitum
Telefon 04651/31713 • Fax 04651/35585 • kirchenbuero@st-severin.de
Die St. Severin-Kirche steht auf einer Anhöhe, wo schon in früherer Zeit germanische Götter verehrt wurden. Der Legende nach soll der Dänenkönig Knut der Große (ca. 995-1035) Geld und Steine zum Bau einer Kirche in Keitum gegeben haben. Wikingerrunen im Holz des Dachstuhls weisen auf eine sehr alte Entstehungsgeschichte hin. Die erste sichere urkundliche Erwähnung der Kirche stammt aus dem Jahr 1240.
Beim Gang um die Kirche erkennt man den Sockel aus schweren Granitquadern. Das rheinisches Tuffgestein und die Backsteine, aus denen Kirchenschiff, Chorraum und Apsis erbaut sind, werden von weißen Farbschichten überdeckt. Romanische Stil-Elemente sind an dem Ostfenster der Apsis und den gemauerten Rundbögen über den Eingängen zu erkennen. Der Anbau an der Südseite stammt aus dem Spätmittelalter und wird seit 1979 als Sakristei genutzt. Das Kirchendach ist mit schwerem Blei gedeckt und hat jahrhundertelang allen Stürmen widerstanden.
“De grote Mandränke“ von 1362 – die große Sturmflut des Mittelalters – entvölkerten die Insel, die Kirche verwaiste. Aus dem Erzbistum Köln machten sich Missionare auf den Weg nach Nordfriesland und gewannen die Sylter wieder für den christlichen Glauben. Der Kölner Bischof Severin aus dem 4. Jahrhundert wurde der Namenspatron, seit 1544 ist St. Severin evangelisch-lutherisch.
Der Kirchturm wurde später errichtet und ist das einzige backsteingotische Bauwerk der Insel Sylt. Der Glockenturm war in früheren Zeiten wichtige Landmarke der Seefahrer, Zufluchtsort bei Gefahr und bis 1803 das Gefängnis. Zwei an der Westseite vermauerte Teile eines gespaltenen Findlings werden zum Gedenken an die Stifterinnen „Ing und Dung“ genannt. Als 1739 ein Läuteknabe von einer Glocke erschlagen wurde, hat man Turmraum zugemauert. Erst 1981 wurde der Raum wieder zum Kirchenschiff hin geöffnet, bis dahin war der Eingang durch eine der Seitentüren.
In der Glockenstube hängen die alte gis’-Glocke (700 Kg) mit der Inschrift „Tote beklage ich, Lebende mahne ich, Gott, den Herrn, lobe ich“, die große fis’-Glocke (841Kg) mit dem Ruf „Gott, der Herr, ist Sonne und Schild“ und die kleine h’-Glocke (381 Kg) aus dem Jahr 1966.
Im Turmraum steht ein moderner Kerzentisch, darüber der Kerzenengel des Künstlers Ulrich Lindow. Auf drei großen Tafeln sind die Namen aller Pastorinnen und Pastoren verzeichnet, die seit der Reformation an St. Severin gepredigt haben. Die Plastik „Totengedenken“ stammt von Ernest Igl, das Kreuz aus Treibholz über dem Eingang von Anatol Herzfeld. Das Schiffsmodell im Eingang zum Kirchenschiff stiftete der 1844 Keitumer Kapitän Peter Thies Petersen.
Rechts unter der Orgelempore steht der sogenannte „Müllerstuhl“. Was wie ein Beichtstuhl anmutet, ist die ehemalige Loge eines wohlhabenden Müllers aus Munkmarsch. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts befanden sich mehrere solcher privaten Logen im Altarraum von St. Severin.
Unter der Seitenempore zeigt ein Relief den Keitumer Uwe Jens Lornsen, der 1830 den Entwurf zu einer Verfassung für „Schleswigholstein“ schrieb und dafür als Freiheitskämpfer ins Gefängnis ging. Weiter vorne hängen die Barockgemälde „Kreuzabnahme“ und „Grablegung“, sowie ein Votivbild von 1654, das die Stifter knieend unter dem Kreuz, mit Sanduhren als Zeichen der Vergänglichkeit, darstellt.
Im Kirchenschiff hängen drei Kronleuchter aus dem 17. Jahrhundert. Sie wurden in den Niederlanden gefertigt und sind Stiftungen Sylter Kapitäne. Mit Maria und dem germanischen Gott Thor kommen christliche und mythologische Motive ganz selbstverständlich gemeinsam vor.
Die Deckenbemalung im Chorraum und Kirchenschiff wurde 1913 von Franz Korwan (*1865, ermordet 1942 im KZ Noé/Pyrenäen) geschaffen und zeigt Sternbilder und Symbole des Lebens der Menschen an der Küste, der Grenze zwischen Land und Meer.
Der Schnitzaltar, ein Werk der niederdeutschen Spätgotik aus der Zeit um 1480, stammt aus dem Werkstattbetrieb des sogenannten „Imperialissima-Meisters“. Vergleichbare Altäre finden sich in im nordfriesischen Aventoft und im dänischen Hald und Ravstedt. Das Zentralbild zeigt Gottvater auf dem Gnadenstuhl mit dem auferstandenen Christus. Ihm zur Seite stehen Maria mit dem Jesuskind und Bischof Severin. In den Seitenflügeln rechts und links sind die zwölf Apostel dargestellt. Wird der Altar in der Passionszeit geschlossen, sieht man auf den Innenflügeln berührende Malereien der Leidensgeschichte Jesu. Das Abendmahlsbild in der Predella schuf ein unbekannter einheimischer Maler.
Der Taufstein ist um 1230 aus Bentheimer Sandstein gefertigt worden und somit das älteste Stück in der Kirche. Der Messingeinsatz wurde 1675 eingefügt, ein hölzerner Deckel mit einer Darstellung der Taufe Jesu hängt über dem Taufstein an der Wand.
Im Rundbogen der Eichentür zur Sakristei sind alle Baumaterialien der Kirche (Tuffstein, Granit und Backstein) sichtbar. Die Skulptur des heiligen Antonius ist die Stiftung einer Sylter Familie.
Die Renaissancekanzel von 1580 stammt ursprünglich aus der Schlosskirche im dänischen Mögeltondern und wurde der Kirche vom Pastorenehepaar Cruppius im Jahr 1699 geschenkt. Die Tafelbilder zeigen Adelswappen und die christlichen Tugenden: fides (Glaube), temperantia (Mäßigung) und justitia (Gerechtigkeit). Die Gestalt der Justitia trägt statt einer Augenbinde und Waage ein blutendes Herz, das Zeichen der Liebe. Im Schalldeckel sind die vier Symbole der Evangelisten dargestellt: Der Adler für Johannes, der Stier für Lukas, der Löwe für Markus und der Engel für Matthäus. Das Kanzelkreuz schuf der Schweizer Künstler Ernest Igl (1920-2001).
Die Mühleisen-Orgel aus dem Jahr 1999 gehört mit ihren 3145 Pfeifen in 46 Registern zu den wohl klangschönsten Instrumenten im Norden. Eingekleidet ist das Instrument in ein farbiges Orgelprospekt von Ulrich Lindow, der mit dieser Arbeit die ineinander wachsenden Bäume des Lebens und der Erkenntnis dargestellt hat. Das Portrait des Organisten, Lehrers und Chronisten Christian Peter Hansen (1803-1879) neben der Orgel schuf der Sylter Maler Andreas Dirks Anfang des 20. Jahrhunderts.
Umfassenden Sanierungen des Turms (2009), des Dachstuhls und des Innenraums (2017/18) sichern den Erhalt des Gebäudes, St. Severin trägt seit 2016 den Titel „Kulturdenkmal des Landes Schleswig-Holstein“.
Einen bebilderten Kirchen- und Friedhofsführer erhalten Sie gegen eine Spende von €2,- im Turm von St. Severin. Gern schicken wir Ihnen ein Exemplar zu (zuzüglich €2,- für den Versand).
Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Severin
Pröstwai 20 • 25980 Sylt/Keitum
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